Europa wir kommen

Dakar ist eine hektische Großstadt, aber nach der langen Fahrt über den Atlantik ist uns jeder Landgang willkommen. Außerdem ist es schön mal wieder westafrikanische Luft zu schnuppern. Auch Ellie fühlt sich nach anfänglicher Skepsis sehr wohl auf afrikanischem Boden und so gehen wir insgesamt dreimal von Bord. Höhepunkt ist das Abendessen mit dem Kapitän in einem vornehmen Restaurant. Die Gästeliste liest sich wie das Who-is-Who der frankophonen Welt und selbst Willy Brandt soll hier zu Besuch gewesen sein.

Die lokale Hafenagentur arbeitet gut und schon deutlich vor den geplanten 36h Liegezeit sind weit über 600 Containerbewegungen getätigt. Wir verlassen Dakar also noch vor dem Abendessen. Dieses nehmen die Passagiere heute gemeinsam mit dem Kapitän ein. Der findige Mann hat die Passagierliste gut gelesen und erkannt, dass ich heute Geburtstag habe. Alle Heimlichtuerei hilft also nichts, er hat den Koch in die Spur geschickt und im Laufe des Abends wird eine edle Geburtstagstorte serviert.

Das nächste Spanferkel ist auch schon organisiert und so kommen wir in den Genuss einer weiteren Grillparty. Diese findet allerdings in der Offiziersmesse statt, denn bereits seit Mauretanien begleitet uns eine kalte steife Brise und die Sonne zeigt sich fast überhaupt nicht mehr. Der Aufenthalt an Deck wird immer unangenehmer. Auch die Wellenhöhe nimmt zu und sendet erste empfindliche Signale an meinen Magen. Drei Tiefdruckgebiete (über den Kanaren, dem Nordatlantik und dem Mittelmeer) wirken sich auf unsere Route aus und sorgen für überraschend unruhige See. Kurz nachdem wir bei Fuerteventura der Grande Senegal begegnet sind treffen uns die Ausläufer des Kanarentiefs und sorgen für eine leicht wackelige Nacht.

Die letzten Tage ziehen sich etwas. Eigentlich hätte die Rückfahrt wenig mehr als drei Wochen dauern sollen, aber unsere ungewollte Extrarunde über Zarate hat die Reise um eine Woche verlängert. Jetzt müssen wir auch noch bummeln, da ein anderes Schiff von Grimaldi, das nach uns Dakar erreicht hat, noch vor uns in Hamburg sein soll. Die dauerverstopfte Toilettenanlage und die überforderte Klimaanlage heben da leider auch nicht die Stimmung. Zum Glück werden wir an Bord immer noch fürstlich versorgt und es wird immer wieder Programm für uns geboten. So gibt es eine Besichtigungstour in den Maschinenraum und zusammen mit dem Kapitän ziehen wir uns auf seinem schönen großen Flachbildschirm das Championsleague-Finale Barca-Juve rein.

Ungewollt für Abwechslung sorgt dann auch noch das Atlantiktief, das uns blöderweise genau im Golf von Biscaya erreicht und damit dessen Namen als Seemannsgrab unterstreicht. Nach dem ersten Sonnenschein seit Tagen und ruhiger See, kippt das Wetter innerhalb von kurzer Zeit. Als wir am Abend in den Golf einbiegen erwarten uns die ersten 3m-Wellen. Die Windgeschwindigkeiten erreichen im Laufe der Nacht dann 80km/h und die Wellenhöhe steigt auf 4,5m. Damit ist bei mir dann auch fast die Kotzgrenze erreicht. Immer wieder wache ich auf und erst als um 4:00Uhr der Wind nachlässt schlafe ich besser. Isabel ist etwas unempfindlicher wie ich, hat aber auch mit dem wackelnden Schiff zu kämpfen. Den Vogel schießt wieder Ellie ab. Als ich sie am nächsten Tag beim Frühstück frage, ob sie das Gewackel gestört hat, schaut sie ganz überrascht und fragt ungläubig: "Was, das Schiff hat gewackelt??"

Die See beruhigt sich wieder, der kühle Gegenwind bleibt aber bei konstant 30Knoten. Was mit dem Fahrtwind auf Deck immer wieder für Böen von bis zu 90km/h sorgt. Unser holländischer Mitreisender Hans sorgt deshalb dafür, dass ein klapperndes Windschott, das die Passagiere regelmäßig um den Schlaf gebracht hat, endlich befestigt wird. Dann sehen wir im Ärmelkanal zum ersten mal nach über einem Jahr wieder europäisches Festland, bis Hamburg warten jetzt nicht viel mehr als 24h.

Datum: 09.06.2015 (Tag 391) - Tachometerstand: 262936 km - gefahrene Kilometer: 31896 km / davon Europa 610 km / Südamerika 31286 km - Ort: Grande America (Ärmelkanal)