Kosovo - Zusammenfassung

Hier noch als Nachtrag mein Abschlußbereicht für die Kollegen daheim, erschienen in der "PD - aktuell" (dem Polizeiblättle für die PD-Pforzheim), irgendwann Ende 2007:


Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kurz vor Ende meiner Auslandsverwendung bei der UNMIK (United Nations interim administration mission in Kosovo) möchte ich nicht versäumen Euch einen kleinen Abriss meines Aufenthaltes hier im Kosovo zu geben.

Am 22. November 2006 wurde ich zusammen mit ca. 50 weiteren Kollegen aus ganz Deutschland von Düsseldorf aus nach Pristina im Kosovo ausgeflogen. Bereits am Vortag waren wir Baden-Württemberger früh morgens von der Bereitschaftspolizei Bruchsal aus zum Bundespolizei-Standort Heimerzheim gefahren worden. Hier gab’s letzte Instruktionen und die FeM, die wir LaPo’s noch von der Bundespolizei erhalten.

Nachdem wir am Abend dann endlich im Hotel Afa in Pristina eingecheckt hatten, ging’s am nächsten Tag, und bei bestem spätherbstlichem Wetter, auch gleich los mit einer Woche Police Training Center (PTC). Hier galt es als wichtigste Hürden den driving-, shooting-, und (zum x-ten Male) den english-test zu absolvieren. Alles Disziplinen, die für die in diesen Bereichen gut vorbereiteten deutschen Polizeibeamten keine wirklichen Schwierigkeiten darstellen, weshalb es zum Glück in unseren Reihen auch keine Ausfälle gab - denn wer das nicht schafft muss gleich wieder nach Hause fliegen.

Bereits in der PTC-Woche durften wir am 28. November zum ersten Mal etwas Nervenkitzel verspüren. Der 28. November ist nämlich der „flag day“, an welchem im Jahre 1912 die Unabhängigkeit Albaniens ausgerufen wurde, nachdem zuvor die osmanischen Machthaber endgültig vertrieben worden waren. Daher ist dies ein Feiertag, an dem viele Kosovaren auf die Straße gehen, für Unabhängigkeit demonstrieren und dabei – in Ermangelung einer eigenen – die albanische Flagge schwingen. Zwar waren wir zu diesem event nicht offiziell eingebunden, doch hatte unsere Führung uns für den Notfall als Alarmzug organisiert. Da aber insgesamt alles recht friedlich ablief (ein paar Farbbeutel gegen das UNMIK- und das Parlaments-Gebäude) kamen wir nicht zum Einsatz.

Zur Dienstverrichtung wurde ich nach der PTC-Woche zusammen mit zehn weiteren deutschen Kollegen zur Witness Protection Unit (WPU) geschickt. Hier verbrachte ich meine ersten zwei Monate in der Mission und musste lernen, dass im „Echtbetrieb“ nicht immer alle Wünsche, Vorstellungen und Planungen so eintreffen, wie man sich dies in Deutschland vorstellt und uns im Rahmen der Vorbereitungsseminare auch vermittelt hatte („Jeder macht da unten das, was er zuhause auch macht!“). So hatte eigentlich keiner von uns einen background in Sachen Zeugenschutz und außerdem verrichtet die WPU (natürlich) Dienst in Zivil. Angesichts der Tatsache, dass mein Gepäck zu 90% aus Uniformteilen bestand war somit zunächst Einkaufen angesagt. Auch war für den Auslandseinsatz z.B. kein ziviles Holster vorgesehen gewesen, welches mir aber seitens der PD Pforzheim dankenswerterweise nachgesandt wurde. Im Laufe dieser ersten Zeit entpuppte sich der Job bei der WPU außerdem eigentlich als besserer Objektschutztätigkeit an den verschiedenen (mehr oder minder) konspirativen Örtlichkeiten, an denen die Zeugen untergebracht sind. Das hatte zum einen den Vorteil, dass es eigentlich egal war, ob wir Vorerfahrung im Zeugenschutz hatten und auch der Schichtbetrieb und die Sport- und sonstigen Trainingsmöglichkeiten im compound der Specialized Police Units waren nicht zu verachten. Andererseits war diese Tätigkeit - bei allen Vorteilen - auf Dauer nicht wirklich befriedigend.

Daher war ich froh, dass ich Ende Dezember aufgrund einer Verkettung glücklicher Umstände zur Central Intelligence Unit (CIU) wechseln konnte. Die Aufgabe der CIU ist die Beschaffung, Verarbeitung, Auswertung und Weitersteuerung von Informationen im Bereich schwere und organisierte Kriminalität – wieder mal ganz was anderes als geplant und wieder in zivil. Bis Mitte Mai 2007 war ich also in der Zentrale der CIU bei der German Cell eingesetzt, die sich in Pristina auf KFOR-Hill, also auf dem Gelände des Hauptquartiers der NATO geführten Kosovo-Force, befindet. In diesen Zeitraum fällt auch die vermehrte Demonstrations-Aktivität der hiesigen hardliner -Unabhängigkeitsbewegung in Pristina. Einen traurigen Höhepunkt bildete hierbei die inzwischen berühmt-berüchtigte Demo vom 10. Februar, bei welcher zwei Demonstranten getötet und mehrere weitere verletzt wurden. Ursächlich hierfür war leider der Beschuss durch eine rumänische UNMIK- Polizeihundertschaft mit überlagerten Gummigeschossen.

Mitte Mai 2007 hatte ich dann die Möglichkeit nach Prizren zu wechseln. Die CIU betreibt drei Außenstellen, jeweils in den Provinzhauptstädten Mitrovica, Peja/ Pec und Prizren im Süden. Da der Südbereich militärisch schon immer unter deutscher Führung stand wird das Regionalbüro hier, das sich im Deutschen Feldlager Prizren im Stab der Multinational Task Force South (MNTF-S) befindet, auch immer durch zwei deutsche Polizeibeamte besetzt. So arbeite ich hier zusammen mit einem Kollegen vom BKA, mit dem ich mir auch ein Haus teile. Die anderen Außenstellen werden gemäß der jeweiligen militärischen Oberhoheit in Peja/ Pec (MNTF-W) durch italienische und in Mitrovica (MNTF-N) durch französische Kollegen betrieben. Die amerikanischen und britischen Kollegen betreuen ihre Bereiche (MNTF- East und Center) aufgrund der räumlichen Nähe von Pristina aus. Prizren (ca. 120.000 – 170.000 Einwohner) ist eine recht schöne, alte (Klein-) Stadt, die aufgrund ihrer Lage an einer alten Karawanenroute teils schon leicht orientalisch anmutet. Im Vergleich zur Großstadt Pristina (ca. 350.000 - 400.000 Einwohner) ist Prizren jedenfalls eine wahre Perle. Daher kann ich schon unter diesem Aspekt sagen, dass der Wechsel nach hier eine gute Entscheidung war. Obwohl man hier „auf dem Land“ eben auch mehr mit den (leider noch immer) landestypischen Mängeln wie z.B. Stromausfällen und Wassermangel zu kämpfen hat. Vor allem Letzteres war in diesem extrem trockenen, durch Waldbrände geprägten, Sommer mit wochenlangen Maxi-Temperaturen von 40 bis 45 Grad, ziemlich lästig.

Nach derzeitigem Stand (Ende September) habe ich nun vor dem regulären Ende meines Einsatzes am 22.11.2007 keine weiteren beruflichen Veränderungen mehr geplant.

In diesem Sinne möchte ich nun mit herzlichen Grüßen aus Prizren an die gesamte PD Pforzheim, vor allem an das Polizeirevier Mühlacker, meinen Bericht beschließen.

See you all soon!

Frank Wallinger, POK

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