Regen im Regenwald

Alles ist nass und klebt auf der Haut, zum Glück ist es nicht kalt. Ausziehen, abtrocknen und dann zum Essen, das zwischen dem zweiten und dritten Tauchgang serviert wird. Vor ein paar Tagen war ich noch mitten in der Wüste unterwegs und jetzt hier - am Great Barrier Reef direkt vor der Küste Australiens steige ich in das feuchte Reich von Neptun herab. Tennant Creek sagte ich am späten Abend „Lebewohl“ aus dem Bus heraus, fuhr vorbei an der Minenstadt „Mt Isa“ und dank des freundlichen Busfahrers erreichte ich am Abend dann Townsville - nicht wie von mir gebucht „Woodstock“ das gute 40 km vor Townsville liegt, aber 50 Dollar günstiger ist.

Townsville nutzte ich, um meinen Biorhythmus an die halbe Stunde Zeitunterschied zu den Northern Territories anzugleichen. Dann ging es auch schon weiter Richtung Norden - immer mit dem Wind. Herrlich war das, einfach so dahin zu radeln. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit pendelte sich die nächsten Tage zwischen 23 bis 25 km/h ein .

Auch waren hier andere Radler unterwegs, die ich einholt habe. Allerdings graut graut mir jetzt schon vor dem Tag an dem ich umdrehen muss und stetig gen Süden radle. Die Küste war abwechslungsreich und gleich hinter Townsville begann neben den Bergen das Anbaugebiet für Zuckerrohr. Das anders als ich es aus Brasilien kenne hier maschinell geerntet und auf Wagons geladen wird, die sich auf Schmalspurschienen neben den Feldern befinden.

Auch Bananen und Ananas sowie Zitrusfrüchte wachsen hier in diesem Klima. Wo so viel wächst da muss es auch viel regnen - richtig. Tully, der regenreichste Ort in Australien, hat einen Jahresdurchschnitt von 4500 mm Niederschlag und die Rekordmenge von 7900 mm im Jahr 1950 worauf ein Denkmal hinweist.

Durch den Regenwald führte die Straße nach Mission Beach, ein Ort der bekannt ist für seinen 14 km Strand und den Cassowary - ein mannsgroßer flugunfähiger Vogel von dem es nur noch etwa 1000 Exemplare gibt und der unter Schutz steht. Auf vielen Schilder wird um vorsichtige Fahrweise gebeten und vor dem Vogel gewarnt. Aber nicht nur die Autos auch Wildhunde und Wildschweine dezimieren die Zahl des bunten aber auch gefährlichen Vogels, der einen mit seinen scharfen Krallen regelrecht „aufschlitzen“ kann wenn es darum geht, seinen Nachwuchs zu verteidigen.

Der Himmel verdunkelte sich abends. Wie so oft, aber leider früher als sonst. Dicke Wolken trieb der stetige Wind vor sich her und brachte mir dann am nächsten Morgen kräftigen Regen. Ich war gerade beim Frühstück, das Zelt war noch etwas feucht vom Tau und ich wollte es nach dem ausgiebigen Mahl trocken verpacken, da öffneten sich die Schleusen - na toll! Da es aber warm war, dachte ich gar nicht daran, meine Regenklamotten anzuziehen.

Auf dem Weg zum Mission Beach-Markt begegnete ich einem radelnden Pärchen die in ihrem Anhänger sogar einen kleinen Hund mit dabei hatten. Sie wollten die gleiche Strecke unter die Räder nehmen wie ich an dem Tag, nur dass ich noch auf dem Markt etwas herumschlendern wollte - schließlich kann ich mir jetzt an der Küste etwas mehr Zeit nehmen. So trennten sich nach einem kurzen Gespräch unsere Wege. Nach dem Marktbesuch, an dem ich mit meinem bepackten Fahrrad immer wieder angesprochen worden bin, ging - jetzt schon total durchnässt - die Aufholjagd los. Nach einer kurzen Strecke hatte ich Sie eingeholt. Unter einem Dach sitzend und mit einem Kaffee in der Hand begrüßten sie mich. Schnell war auch meine Tasse samt Kekse draußen und so machten wir es uns erstmal gemütlich und erzählten uns von unseren Erlebnissen.

Von Melbourne kommend hatten Sie auch die gleiche Kilometeranzahl wie ich vorzuweisen, nur dass sie sieben Monate unterwegs waren. Aber auch Europa kannten sie vom Radeln und waren jetzt auf dem Weg dahin wo sie sich, auch mit dem Fahrrad, das erste Mal vor 25 Jahren trafen. Wir verstanden uns auf Anhieb gut und so verabredeten wir uns für einen Übernachtungsplatz. Zusammen radeln das ging nicht gut, denn ihr Tempo passte nicht mit meinem zusammen.

Die folgenden Stunden plätscherte es weiter auf meinen Helm und floss mir den Rücken herunter. An dem Nachtrastplatz angekommen, breitete ich mich erstmal aus und versuchte alles etwas trockener zu bekommen. Was angesichts des Regens und des schwül-warmen Klimas nicht so einfach war. Abends gesellten sich nicht nur die anderen Radfahrer unter das schützende Dach, auch Wohnwagenfahrer verschiedenster Nationen fanden sich ein. So wurde es trotz des prasselnden Regens auf dem Wellblechdach ein geselliger Abend.

Wie die Wolken gekommen sind, so sind sie auch verschwunden. Sonne und hohe Luftfeuchtigkeit begleiteten meinen Weg nach Cairns, den ich mir mit vielen Lkws und Pkws teilen musste. Bei dem guten Wetter buchte ich gleich im Hostel meinen Tauchausflug für den nächsten Tag. Drei Tauchgänge an verschiedenen Orten, Frühstück, Mittagessen und noch einen Kaffee alles auf einem Katamaran - da freute ich mich darauf.

Auf der Fahrt hinaus an das Great Barrier Reef mussten auch fleißig Papiertüten verteilt werden, da der Seegang doch so machem auf dem Magen schlug. Nach einer Einweísung ging es dann endlich los. Auch wenn es über fünf Jahre her war, dass ich mich das letzte Mal mit einer Pressluftflasche auf dem Rücken in die Tiefe begeben habe, war es nicht schwer, mich wieder daran zu erinnern was zu tun ist. Herrliche Korallen, viele bunte Fische in allen Größen, Schildkröten, die wir von Hand fütterten, das alles gab es zu sehen. Leider blieb das Glück aus, einen Hai oder gar einen Wal zu sehen, die hier an der Küste vorbeiziehen. Aber auch so war es ein schönes Erlebnis und stand ganz oben auf meiner ToDo-Liste wenn ich in Australien am größten Barriere Reef der Welt bin.

Datum: 21.07.(Tag 66) - Tachometerstand Juwi: 4343km - davon Australien 4343km / davon Neuseeland km 0 Ort: Cairns/Australien

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