Großstadt und Outback

1.8 Millionen Einwohner und es werden immer mehr. Wöchentlich ziehen 900 Personen nach Brisbane. Somit ist Brisbane die am schnellsten wachsende Stadt Australiens. „Angenehmes Klima und einfach eine relaxte Atmosphäre„, so steht es auch im Reiseführer und das kann ich auch bestätigen. Schnell sind die Tage vergangen an denen ich durch die Stadt geschlendert bin, am Ufer des Brisbane River den Yachten hinterher und den Kletterern nachgeschaut habe, die an den Uferfelsen mit Seil und Haken zugange waren, schöne Parks besichtigt, mich auf einer Parkbank ausgestreckt oder mich gar mit einem Metzger unterhalten habe, der deutsche Wurstwaren auf dem Wochenmarkt angeboten hat.

Der Brisbane River hat mich immer wieder angezogen – sei es wegen der Brücken, die futuristisch den Fluss kreuzen oder die schön angelegten Fahrrad- und Fußwege von denen man eine gute Aussicht hat auf die Hochhäuser der Innenstadt. Oder man kann sein Füße im öffentlichen Freibad mit Sandstrand ins Wasser hängen lassen.

Aber auch hier konnte ich nicht ewig bleiben – schließlich war ein verlockendes Ziel in Aussicht. Eine Farm sollte es sein zu der ein guter Freund den Kontakt herstellte (danke Benny!). Gute 500 km von Brisbane entfernt, aber leider fernab meiner geplanten Rute musste ich radeln.

Die Ausfahrt aus Brisbane war etwas schwerer als gedacht, da die Hauptverkehrswege für Radfahrer gesperrt waren bewegte ich mich zick zack-artig vorwärts und befragte viele Einheimische nach dem Weg. Erst 60 km hinter der Stadt und etliche Wendemanöver später durfte ich auf den Highway abbiegen, der leider auch als Hauptverbindung nach Sydney dient.

Der steile Pass über das Küstengebirge brachte mir genügend Mitleidspunkte, um an einer Tankstelle übernachten zu dürfen, an der ich total verschwitzt ankam und somit auch die Dusche benutzen durfte. Nur musste ich mich ab 19.00 Uhr versteckt halten damit der Besitzer mich nicht entdeckt, sagte die freundliche Angestellte. Also freute ich mich über den Nachtplatz an dem die Kängurus rumhüpften.

Je weiter ich ins Landesinnere abbog und mich von den Hauptverkehrsstraßen entfernte desto ruhiger wurde es. Kurz vor Thallon hatte ich die Straße eine ganze Stunde für mich alleine bevor ein Auto mich überholte.

… an den drei Briefkästen links, dann 6 km weiter auf dem Schotterweg, dann am Briefkasten rechts und weiter 3 km weiter auf der Schotterstraße …. So lauteten die letzten Zeilen der Wegbeschreibung die mich 30 km weiter in Richtung nächster Kleinstadt ins nNirgendwo führte.

So weit das Auge reicht zogen sich die Felder oder das Weideland. Müde und staubig erreichte ich schließlich die Farm wo ich gleich freudig empfangen wurde. Mithelfen wollte ich und nicht nur still zuschauen wie das Farmleben hier ist. Früh morgens hieß es als erste Tätigkeit ein paar Jungrinder auf eine 10 km weit entfernte Weide zu treiben - mit Motorrädern.

Durch dick und dünn und querfeldein – das machte Spaß. Schnell hatte ich es raus und half Charlie, die Rinder in die gewünschte Richtung zu treiben. Auf dem Rückweg sichtete er auch ein Schaf, das nicht geschoren war. Erst etwas mit dem Motorrad hetzen, dann einfangen und schließlich die Füße zusammenbinden, damit es nicht wegläuft. Ein paar Äste schützen das Tier etwas vor den Raben damit diese die Augen nicht auspicken, aber Eile war dennoch geboten. Ohne Helm und in Windeseile rasten wir zur Farm, um den Pick Up zu holen. Gerade noch rechtzeitig waren wir zurück beim gefesselten Tier, denn die Raben saßen auch schon da.

Noch zwei weitere Schafe sichteten wir auf dem Weg zurück und jetzt durfte ich auch jagen. Wie schon mit den Motorrädern ging es mit dem Pick Up hinter den Schafen her bis sie etwas müde waren, dann sprang ich aus dem Auto und rannte hinterher, um es an seiner dicken und begehrten Merino-Wolle zu packen. Anschließend gab es für mich eine Demonstration im Schafe schoren und ich durfte auch mal probieren was dies für harte Arbeit ist. Ein guter Scherer schafft 200 Schafe am Tag - für mich nach 5-minütiger Probe unvorstellbar.

Nach so viel harter Arbeit gab es - wie sollte es anders sein auf einer Farm auf der 200 Rinder und 10 000 Schafe auf 12000 Hektar leben – einen saftigen Braten. Auch die nächsten Tage half ich bei der harten Farmarbeit. Nebenher steuerte Charlie Plätze an, die er bei seiner Arbeit entdeckte oder die mich interessierten. So gab es ein Adlernest, ein Emunest, eine Wildschweinfalle und viel mehr neben ständiger Präsens von Kängurus und Emus zu sehen. Auf dem Weg zum Nachbarhaus wurden so auch mal kurz drei Kängurus mit dem Gewehr niedergestreckt, um sie an die Arbeitshunde zu verfüttern. Da es Wochenende war, waren zwei seiner drei Kinder mit dabei und hellauf begeistert, dass die drei Schüsse ihr Ziel nicht verfehlten. Auch beim Ausweiden schauten sie genau hin. Da merkt man, dass sie auf dem Land aufwachsen.

Auch beim Bau eines vogelsichern Hühnerstalls durfte ich helfen – schließlich soll das Futter ja für die Hühner sein und nicht für die frechen Vögel, die sich ständig von allen Seiten bedienten.

Wie sollte es anders sein auch hier gab es Regen. Das hat uns aber nicht davon abgehalten mit den Nachbarn ein „barbie“ zu machen - bei uns wird es als "Grillen" bezeichnet und hier ist es schon fast an jedem Wochenende ein Muss. Auch hier gab es nur selbstgezüchtetes Rindfleisch - mmhhh.

Nachdem Australien die letzten 10 Jahre sehr trocken war freut es hier vor allem die Farmer wenn es überdurchschnittlich viel regnet. Im März gab es so viel von dem kostbaren Nass, dass die Farm hier wie auch viele andere wegen Überflutungen zwei Wochen von der Außenwelt abgeschnitten waren und aus der Luft versorgt werden mussten. Auch jetzt gibt es viele Überschwemmungen. Ganz dramatisch erwischte es den Süden, wo erst letztes Jahr schwere Buschfeuer viel zerstörten und jetzt die gleichen Ortschaften von Überschwemmungen heimgesucht werden.

Ein herzliches Dankeschön an Jess, wie auch an Charlie mit ihren drei Kindern, die mich hier so herzlich aufgenommen haben und die ich ins Herz geschlossen habe.

Datum: 07.09.(Tag 113) - Tachometerstand Juwi: 6852 km Ort: Thallon/Australien

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