Ankunft in Algerien

Seit Arlit ist uns kein Fahrzeug mehr begegnet, um so mehr sind wir erschreckt, als nachts tief in der Wüste immer wieder Motorengeräusche zu hören sind und sich Lichtkegel durch die Dünen schieben. Trotz aller positiven Erfahrungen im Niger, lässt sich ein gewisser Restrespekt vor den Reisewarnungen und den negativen Meldungen aus dem Bereich Nordniger, bzw. Südalgerien nicht ganz abstreifen. So löschen wir alle Lichter und hoffen, dass uns die redlichen oder unredlichen Gesellen nicht entdecken. Am nächsten Tag nehmen wir wieder tonnenweise Sand unter die Räder und donnern mit Pressgas durch den längsten Autofriedhof der Sahara. Die Route Ain Salah - Tamanrasset - Agadez war in früheren Zeiten die Hauptroute der Autoschieber auf ihrem Weg auf den westafrikanischen Markt. Etliche sandgestrahlte Fahrzeugwracks geben Zeugnis von den Dramen, die sich hier Tag für Tag abgespielt haben. Wir kommen gut voran und erreichen im Laufe des Tages den trostlosen Grenzort Assamakka. In vergangenen Tagen, vor allem in den heißen Sommermonaten, kam dieser Ort wohl dem Vorhof der Hölle gleich. Ähnlich der Grenzüberquerung zwischen Mauretanien und Senegal bei Rosso, kannte die Abzockerei und das schikanöse Verhalten der Beamten keine Grenzen. Mit staubtrockenem Gaumen und in sengender Wüstensonne kann so ein Aufenthalt schnellstens zur Qual werden. Von den Satelliten und Abfangjägern, vor denen wir gewarnt wurden, sind wegen fehlenden Opfern nicht mehr viel übriggeblieben. Fast schon mehr aus Mitleid vertrauen wir uns dem freundlichen Abba an, der seine "Sache" auch ganz gut macht und uns zu Zoll, Polizei und Gendarmerie führt. Zur Information für mögliche Niger-Fahrer, Assamakka hat kaum mehr als zehn Hütten, die Beamten sind (momentan) absolut korrekt. Man kann also mit gutem Gewissen auf einen Pausenclown verzichten, der meint er muss einem den Weg zeigen und mit flapsigen Bemerkungen das Eis zwischen Behörde und Tourist brechen. Wir haben Abba versprochen für ihn bei anderen Touristen Werbung zu machen, dem ist hiermit Genüge getan, und hatten auch kein Problem ihm ein Mini-Trinkgeld zukommen zu lassen. In einem Ort, in dem es ausser Sand schieben nicht viel Programm gibt, lässt sich gut nachvollziehen, dass diese Art von Dienstleistung eine willkommene Abwechslung bietet.

Goodbye Niger (auch die Proteste in der islamischen Welt über die Mohamed-Karikaturen, die laut "Deutscher Welle" wohl auch den Niger erreichten, haben unseren angenehmen Aufenthalt nicht beeinträchtigt), es geht wieder rein in die Sandwüste. Wir überqueren die Grenze zu Algerien und entdecken nach etwa 15km zwischen all den Luftspiegelungen einen dunklen Punkt, den Grenzposten von Ain Guezzam. Wir waren schnell unterwegs und erreichen Algerien zu früh, unser Visum beginnt erst morgen am 10.02. Die Grenzbeamten erlauben uns neben ihrem Gästehaus oder Gefängnis?? (keine Ahnung!!) zu campieren und erleben einen ersten stimmungsvollen Sonnenuntergang in Algerien. Am nächsten Tag sind wir nicht mehr allein. Früh morgens sind die ersten Wüstenschiffe, riesige LKWs über und über beladen mit Säcken voller Datteln und Passagieren obenauf, am Zoll eingefahren. Diese Fahrzeuge quälen sich tagelang, teilweise im Schritttempo durch den Sand Richtung Süden. Mit den LKWs ist auch unser Führer eingetroffen, der uns routiniert durch die korrekten, aber oft peniblen und umständlichen Kontrollen schleusst. Seit den wiederholten Überfällen und Fahrzeugwegnahmen in Südalgerien wird ein Visum für Europäer und Individualreisenden nur noch bei garantierter Begleitung durch einen lokalen Führer ausgestellt. Mit ihm jagen wir noch am selben Tag die 400km von Ain Guezzam nach Tamanrasset, Schwerstarbeit für die treuen G-Mercedes. Die Strecke ist zwar selten anspruchsvoll, mittlerweile sind sogar gut 100km davon asphaltiert, aber bei dem hohen Tempo, das wir vorlegen müssen um Tamm vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen und die teilweise tiefsandigen LKW-Spuren, in die wir immer wieder hineingeraten, fordern ihren Tribut. Höchste Konzentration ist gefordert. Zweimal hängt das Krötle kurzzeitig fest und einmal geraten wir in einer alten LKW-Spur urplötzlich ins Schlingern und legen uns dabei fast auf die Seite. Mit Anbruch der Nacht erreichen wir das 1400m hoch im Hoggargebirge gelegene Tamanrasset. Hut ab vor unseren 20 und 25 Jahren alten Fahrzeugen. Nach den Ausfallerscheinungen in Burkina Faso durften wir nicht unbedingt damit rechnen, dass sie uns so problemlos durch diese materialfeindliche Gegend tragen. Wenn wir schon einmal in Tamanrasset sind, dann schauen wir natürlich auch auf dem Assekrem vorbei. Der knapp 3000m hohe Berg ist für seine legendären Sonnenauf- und -untergänge bekannt. Wir verkneifen uns eine Übernachtung, sind doch Temperaturen deutlich unter 0° Grad hier oben in Februarnächten keine Seltenheit, dennoch lohnt sich die Quälerei über 160km (hin und zurück) fiese Piste wegen des beeindruckenden Hoggargebirges und der besonderen Aussicht vom Berggipfel. Auf dem Rückweg vom Assekrem nehmen wir noch das Affilel mit, ein kleines Rinnsal in der Steinwüste, das tatsächlich von Fischen bewohnt ist. Der dort anwesende, vermutlich der Welt einsamster Souvenirverkäufer im großen Nichts der Steinwüste, darf sich sogar über ein kleines Geschäft freuen indem er an Juwi ein silbernes Touaregkreuz verkauft.

Die angehängte Audio-Datei entstand im Niger, als wir zur ihrer großen Freude einige Kinder fotografierten.

Datum: 11.02.(Tag 127) - Tachometerstand: 62 811km - gefahrene Kilometer: 15 779km (davon 12 178km in Afrika) - Ort: Tamanrasset/Hoggar-Gebirge (Algerien)

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